SECHZIG JAHRE PATENSCHAFT
KREIS SCHLESWIG – FLENSBURG
KREIS JOHANNISBURG/ OSTPREUSSEN
Bezirk Pisz, Woiwodschaft Ermland-Masuren/ Polen
Jubiläumsveranstaltung am 4.Oktober 2014
im Akademiezentrum Sankelmark in Oeversee bei Flensburg
Zur Geschichte:
Besiegelt wurde die Patenschaft zwischen dem Kreis Flensburg – Land und dem ostpreußischen Kreis Johannisburg anlässlich eines Johannisburger Heimattreffens in der Internationalen Bildungsstätte auf dem Scheersberg. Das geschah vor sechzig Jahren am 19.Juni 1954. Kreispräsident Peter Jensen und Landrat Dr. Hartwig Schlegelberger hatten die Patenschaftsurkunde dem Johannisburger Kreisvertreter Fritz Walter Kautz übergeben.
Nach den Worten des damaligen Kreispräsidenten sollte damit die „innige Verbindung mit dem ehemaligen Kreis Johannisburg dokumentiert werden“. Allen verstreut in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Mitgliedern der Johannisburger Heimatgemeinschaft versprach der Kreis Flensburg Land – so lautet es in der Patenschaftsurkunde – eine neue Heimat und geistiger und ideeller Mittelpunkt zu sein.“ Nach der Gebietsreform im Jahre 1974 bestätigte der neue Kreis Schleswig-Flensburg die Patenschaft.
Zum Ort der Veranstaltung
Das Akademiezentrum Sankelmark beherbergt drei Akademien: die AKADEMIE SANKELMARK befasst sich eher mit regionalen Themen im deutsch-dänischen Grenzraum, die AKADMEIA BALTICA und die EUROPÄISCHE AKADEMIE mit dem Ostseeraum und europäischen Fragen. Unsere Jubiläumsveranstaltung passte also gut in diesen Rahmen. Von der idyllischen Lage waren die Teilnehmer sehr angetan. Der Sankelmarker See ist ein Relikt der Eiszeit. Oeversee war aber auch Schauplatz einer Schlacht im deutsch-dänischen Krieg 1864, bei der viele hundert österreichische und dänische Soldaten umkamen, was bis heute unvergessen ist. Das Eis in den deutsch-polnischen Beziehungen ist glücklicherweise auch geschmolzen und Krieg in Europa sollte als Mittel zur Fortsetzung der Politik geächtet bleiben.
Direktor des Akademiezentrums ist Dr. Christian Pletzing, also praktisch der Hausherr. Er spricht fließend polnisch und referierte über die ostpreußische Geschichte.
Teilnehmer der Jubiläumsveranstaltung
Der gastgebende Kreis Schleswig-Flensburg war vertreten durch den Kreispräsidenten Herrn Ulrich Brüggemeier, den Ehrenkreispräsidenten Herrn Johannes Petersen, die Landräte a.D. Dr. Armin Schütz, Jörg-Dietrich Kamischke, Bogislav-Tessen von Gerlach und die für die Öffentlichsarbeit zuständige Frau Martina Stekkelies.
Der Vorstand der Kreisgemeinschaft Johannisburg unter Leitung von Herrn Dr. Manfred Solenski war fast vollständig anwesend.
Von polnischer Seite kamen Herr Andrzej Nowicki, Landrat des Bezirks Pisz (Powiat Piski), der frühere Bürgermeister der Stadt Pisz, Herr Janusz Puchalski, der langjährige Direktor des Heimatmuseums in Pisz Dietmar Serafin und Herr Marcin Pysz, Pastor der evangelischen Gemeinde in Pisz. Seit 1998 bzw. 2001 bestehen Partnerschaften mit der Stadt und dem Bezirk Pisz (Powiat Piski). der fast identisch mit dem früheren Kreis Johannisburg ist.
Der Deutsche Freundschaftskreis „Rosch“ Johannisburg (Piskie Stowarzyszenie Niemieckie, Miasta i Rejonu Pisz „Roś“)hatte ein Abordnung geschickt mit der stellvertretenden Vorsitzenden Ulla Rutkowska.
An der Jubiläumsveranstaltung nahmen auch viele Gäste teil.
Gottesdienst als Auftakt
In der schönen aus Findlingen erbauten St. Georgs – Kirche in Oeversee feierte die Festgesellschaft zum Auftakt einen Gottesdienst mit Pastor Marcin Pysz aus Pisz. Er predigte zum Bibeltext Markus 13, 31-37, den er polnisch und deutsch las.
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Jubiläumsempfang im Festsaal des Akademiezentrums
Nach einem kleinen Imbiss zur Stärkung begrüßten die Partner der Patenschaft Kreispräsident Ulrich Brüggemeier für den Kreis Schleswig-Flensburg und der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Johannisburg Dr. Manfred Solenski für den ehemaligen Kreis Johannisburg die Gäste.
Der Festsaal des Akademiezentrums war mit Standplakaten der zwölf Johannisburger Kirchspiele geschmückt.
Herr Brüggemeier erinnerte an den Neubeginn im Jahre 1945 nach Beendigung eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, aber auch an die völkerrechtswidrige Vertreibung von Millionen Menschen aus ihrer angestammten Heimat. Not, Elend und Verzweiflung begleiteten sie oft in eine ungewisse Zukunft und sie hofften lange auf eine Rückkehr in die Heimat. Ein Zitat brachte es auf den Punkt: Man kann einen Menschen aus seiner Heimat vertreiben, aber nicht die Heimat aus einem Menschen. Die Patenschaft konnte den ostdeutschen Vertriebenen ein Stück Geborgenheit vermitteln und ihnen helfen, ihre Kultur zu erhalten und zu pflegen.
Nach der Wende entwickelte sich eine positive Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden, die zu Partnerschaften mit der Stadt Pisz und dem Bezirk Pisz und Freundschaften führten. Herr Johannes Petersen wurde Ehrenbürger der Stadt Pisz.
Die Aussöhnung mit unseren polnischen Nachbarn dient der Festigung des Friedens in Europa zum allseitigen Vorteil. Die Vertretung der deutschen Minderheit, der Deutsche Freundschaftskreis Rosch ist dabei ein wichtiges Bindeglied.
Herr Dr. Solenski hob in seiner Begrüßungsrede ergänzend hervor, dass auch die kommunalpolitischen Beziehungen in Ausweitung der Kreispartnerschaften auf eine hohe Qualitätsstufe gebracht wurden. So gibt es Partnerschaften der Ämter Oeversee und Eggebeck zu Gehlenburg/ Bialla Piska, Kropp zu Arys/ Orzysz und Langballig, Steinbergkirche und Sörup zu Rudzanny.
Die gegenseitige Achtung und Akzeptanz fanden beispielsweise ihren Niederschlag in der Zusammenarbeit bei folgenden Maßnahmen: Darstellung des Geschichte Johannisburgs auf 21 Schautafeln auf Deutsch und polnisch im Kulturhaus, die Renovierung der Kapelle im heutigen Friedenspark und die Herrichtung des Friedhofs in Mittenheide/ Turoscheln. Die Kreisgemeinschaft veröffentlicht jährlich den Johannisburger Heimatbrief und informiert und verbindet so alle ihre Angehörigen.
Vortrag Dr. Christian Pletzing: „Ostpreußens Geschichte in neuem Licht“
Der Direktor des Akademiezentrums erläuterte mittels einer Powerpointpräsentation
die Geschichte Ostpreußens vom Deutschen Orden bis zum von der nationalsozialistischen Diktatur verursachten Zusammenbruch des Deutschen Reiches. Die Annektion der deutschen Ostgebiete durch die Westverschiebung der polnischen Grenze erscheint nach 70 Jahren unumkehrbar.
Festvortrag Ehrenkreispräsident Petersen
Herr Petersen gab seiner Freude Ausdruck, dass die 60 Jahre dauernde Patenschaft Bestand hat, obwohl ein grundlegender Wandel eingetreten ist. War neun Jahre nach Flucht und Vertreibung die Hoffnung auf eine Rückkehr in die Heimat noch lebendig, blieb diese Option verschlossen. Heute kann das Jubiläum mit polnischen Gästen aus dem Bezirk Pisz gefeiert werden. Respekt und eine gute Zusammenarbeit bestimmen die gegenseitigen Beziehungen. Besuche in Pisz ließen Herrn Petersen verstehen, warum nach Überwindung der anfänglichen Not und schwieriger Integration die Erlebnisgeneration immer noch um die verlorene Heimat trauert. Die Patenschaften konnten helfen, das ostdeutsche Kulturgut zu pflegen und zumindest die geistige Heimat zu erhalten.
Grußworte des Landrats des Bezirks Pisz
Landrat Nowicki hob bei seinem Grußwort besonders die partnerschaftliche Zusammenarbeit hervor, von der er hofft, dass sie sich weiter entwickelt. Er erwähnte dabei die Johanniterstation und die Hilfen durch das DRK, den Schüleraustausch – Herr Peter Thomsen wurde dafür vom Bezirk Pisz geehrt – und den verständnisvollen Umgang miteinander.
Den freundlichen und ermunternden Ausführungen folgte noch ein Austausch von Geschenken.
Frau Maria Christiansen von der Kreismusikschule Schleswig-Flensburg gab der Feierstunde mit ihren Vorträgen am Flügel eine besonders festliche Note.
Untere anderem spielte sie das Andante aus der Sonate in e-Moll von Edvard Grieg.
Das Ostpreußenlied und die dritte Strophe des Deutschlandliedes ließen die Jubiläumsveranstaltung ausklingen.
Das anschließende Jubiläumsbuffet gab Gelegenheit zu vertiefenden persönlichen Gesprächen.
Dietrich Peylo